Doris Wilflingseder

Schwerpunkt Forschung

Zoonotische Viren gehören zu den größten Bedrohungen für die globale Gesundheit. Sie sind in der Lage, zu mutieren, sich anzupassen und von einer Spezies zur anderen zu springen, wodurch sie die Pandemien auslösen, die unser Jahrhundert bestimmen. Um immer einen Schritt voraus zu sein, brauchen wir stetige Virusueberwachung, innovative Forschung zur Dynamik zwischen Wirt und Virus und proaktive Maßnahmen, um den nächsten globalen Ausbruch zu verhindern.

Unsere Forschung beschäftigt sich mit der faszinierenden Wissenschaft der angeborenen Immunität – insbesondere mit den einzigartigen Abwehrmechanismen an den Schleimhäuten, die bei Virusinfektionen in Aktion treten. Wir enträtseln, wie Tiere mit Viren koexistieren können, die für den Menschen oft tödlich sind. Diese Entdeckungen haben das Potenzial, neue therapeutische Ziele zu erschließen und Präventivstrategien zu entwickeln, die sowohl Tiere als auch Menschen vor künftigen Ausbrüchen schützen.

Eines unserer Hauptziele ist es, zu entschlüsseln, wie bestimmte Arten wie Fledermäuse hochpathogene Viren tolerieren, in der Hoffnung, dieses Wissen in Strategien zur Behandlung schwerer Infektionen beim Menschen und zur Verringerung des Risikos einer Ausbreitung zu übertragen. Durch die Herstellung und Untersuchung von organoiden Lungenmodellen von Fledermäusen, Schweinen, Rindern und Vögeln können wir die diesen Arten innewohnenden Abwehrmechanismen erforschen und mit unseren eigenen vergleichen. Unser Labor entwickelt und verfeinert diese Atemwegsgewebe in Organoidform, wobei wir sowohl Fluessig- als auch Luft-Flüssigkeitskulturen verwenden, um physiologische Bedingungen nachzuahmen.

Wenn möglich, integrieren wir auch Immunzellen desselben Spenders, um immunkompetente, speziesspezifische Barrieremodelle in vitro herzustellen. Indem wir diese Gewebe mit Influenza- oder Coronaviren infizieren, kartieren wir die frühesten Immunreaktionen an epithelialen Barrieren mithilfe modernster Instrumente und Technologien. Durch den Einsatz von mikrofluidischen Systemen und fortschrittlichen Screening-Methoden schaffen wir standardisierte Modelle für vergleichende infektiologische Studien. Mit diesen mikrofluidischen Plattformen werden wir ein Zwei-Organ-Modell von Barriere und Lymphknoten aufbauen, um adaptive Immunreaktionen in einem völlig neuen Licht zu beobachten.

Parallel dazu leisten wir Pionierarbeit bei der Erprobung von Arzneimitteln und Impfstoffen auf der Grundlage von Immunzellen tierischen Ursprungs, die durch leistungsstarke in silico-Analysen unterstützt werden. Dieser duale Ansatz zielt darauf ab, eine effiziente Arzneimittel- und Impfstoffpipeline für veterinärmedizinische Anwendungen zu schaffen, die es uns ermöglicht, die Tests zu rationalisieren und den Bedarf an Tierversuchen deutlich zu reduzieren.

Biografie
Doris Wilflingseder

Portrait von Doris Wilflingseder

Doris Wilflingseder studierte Zoologie an der Universität Innsbruck. Ihre Faszination für die Zellbiologie führte dazu, dass sie sich schon früh mit Signalmechanismen und Proteinaufreinigung beschäftigte. In ihrer Zeit als Post-Doc spezialisierte sich Dr. Wilflingseder auf Immunologie, mit besonderem Augenmerk auf Interaktionen zwischen dendritischen Zellen und HIV-1 und den Einfluss der Virus-Opsonisierung auf die Antigenpräsentation und T-Zell-Antworten. Ein Forschungsaufenthalt am University College London (UCL) ermöglichte es ihr, Transkriptomanalysen von dendritischen Zellen nach Exposition gegenüber unterschiedlich opsonisiertem HIV-1 Partikeln durchzuführen. In jüngster Zeit hat Dr. Wilflingseder die Entwicklung immunkompetenter 3D-Barrieremodelle vorangetrieben, die gezielte Studien zum Eintritt und zur Verarbeitung von Krankheitserregern sowie zu therapeutischen Interventionen ermöglichen. Im Jahr 2012 war Dr. Wilflingseder Assoc. Professorin und stellvertretende Leiterin des Departments für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Im Jahr 2020 erhielt sie eine Professur für Infektionsbiologie, und 2024 wurde sie Professorin für Infektionskrankheiten am Ignaz Semmelweis Institut und an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dr. Wilflingseder erhielt mehrere Auszeichnungen wie den Österreichischen Staatspreis 2021 für die Förderung von Alternativen zu Tierversuchen oder den Österreichischen Mikrobiologiepreis. Sie ist stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Gesellschaft für alternative Biomodelle (RepRefRed Society) und des staatlich geförderten Austrian 3Rs Center (A3RCs) und Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI). Als solche organisierte sie die Österreichischen 3R-Tage 2023 und die Jahrestagung der ÖGAI 2016 als Kongresspräsidentin.